SuchtReport 6/01: 29-36

 

Prävention als Begleitung von Veränderungsprozessen

 

Die Hauptfunktion der Prävention ist, gesellschaftlich unerwünschte Verhaltensweisen und Zustände zu verhindern. Eine theorie-geleitete Analyse legt nahe, dass die dazu notwendigen Veränderungen eher über einen langfristigen Prozess als mit einmaligen Aktivitäten erreicht werden können.

 

Martin Hafen

Martin Hafen, Sozialarbeiter HFS und Soziologe lic. phil. I. Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Soziale Arbeit Luzern, Institut WDF, Fachbereich Prävention und leitender Redaktor des SuchtMagazins, Ramsteinerstr. 20, 4059 Basel, Tel. 061/312 49 00, Fax. –02, email: martin.hafen@balcab.ch

 

Die Forderung wird immer wieder geäussert: Wir sollen Probleme nicht immer nur behandeln, sondern darum bemühen, dass die Probleme erst gar nicht oder nicht in diesem Ausmass auftreten. Das tönt nachvollziehbar – so nachvollziehbar, dass sich in den letzten Jahrzehnten in den Bereichen Prävention und Gesundheitsförderung[1] ein beeindruckendes Angebot entwickelt hat. Angesichts des Ausbaus von präventiven Aktivitäten stellt sich die Frage nach deren Funktionsweise. Oder anders gefragt: Was macht Prävention? Welche Veränderungen will sie anregen, wenn sie die Probleme nicht behandeln, sondern verhindern will.

Prävention richtet sich an Individuen oder soziale Systeme wie Organisationen, Familien, informelle Gruppierungen etc. Die Tatsache, dass mit diesen Systemen Prävention gemacht wird, impliziert, dass sie sie sensibilisiert und zu einer Veränderung angeregt werden sollen. Aber wieso sollen sich diese Systeme verändern? Sie wollen doch präventiv, vorbeugend gegen die Probleme vorgehen. Oder sind die Probleme etwa doch „da“ – etwa in der Form von eigenen Erfahrungen oder massenmedialer Thematisierung?

Im Folgenden soll versucht werden, die paradox anmutende Aufgabe der Prävention – die Verhinderung von Problemen durch Veränderung von Systemen, welche die besagten Probleme nicht haben und doch haben – mit  dem Instrumentarium der Systemtheorie[2] zu entparadoxieren und damit verständlicher zu machen. Nebenbei soll nach Anzeichen Ausschau gehalten werden, die einen Hinweis darauf geben könnten, welche Methoden und Strategien der Prävention für die Erfüllung ihrer Aufgabe eher Erfolg versprechen als andere.

 

Die Konstruktion von Problemen ...

 

Um analysieren zu können, welche Veränderungen durch die Prävention auf welche Weise angestrebt werden, lohnt es sich, einen Blick auf den Begriff „Problem“ zu werfen. Probleme sind immer Konstruktionen; sie sind Probleme, weil man sie als Probleme bezeichnet. An der Geschichte des Suchtbegriffs lässt sich beispielhaft belegen, dass sich diese Problemkonstruktionen im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung verändern.[3] Es kann auch belegt werden, dass das gehäufte Auftreten von bestimmten Verhaltensweisen (z.B. physische Gewaltanwendung) oder Zuständen (z.B. Sucht) nur einen Teil der Problemkonstruktion ausmachen und dass es von zahlreichen andern Faktoren abhängt, ob und in welchem Mass diese Verhaltensweisen/Zustände problematisiert werden.[4]

Hier deutet sich eine erste Auflösungsmöglichkeit des oben formulierten Paradoxons an: Individuen und Organisationen, die bereit sind zu Veränderung im präventiven Sinn, entwickeln diese Bereitschaft nicht in erster Linie[5], weil sie die zu verhindernden Probleme selbst haben, sondern weil die Gesellschaft (vor allem über die Massenmedien) diese Probleme als so dringlich bezeichnet. Man isst weniger Fleisch, um Übergewicht oder die Gefahr der Aufnahme von BSE-Erregern zu vermeiden; man lässt Schulklassen unterschiedlicher Altersgruppen in einem Projekt zusammenarbeiten, damit aus den gelegentlichen Belästigungen der Grösseren gegenüber den Kleineren keine handfesten Gewalttätigkeiten werden; man ermöglicht Projekte für In- und AusländerInnen, um dem Rassismus vorzubeugen etc.

In diesen Fällen erfolgt die „präventive“ Veränderung des Systems also auf ein Problem hin, welches in der Umwelt des Systems konstruiert und vom System (als zu verhinderndes) Problem übernommen wird. Natürlich ist der andere Fall auch möglich: Ein Problem kann, etwa in der Form eines Drogen konsumierenden Schülers, bereits aufgetreten sein, und man will verhindern, dass es bei andern SchülerInnen erneut auftritt. Die Prävention bezieht sich in diesem Fall also nicht auf das manifeste Problem, denn dieses muss nicht verhindert, sondern (zumindest für die Organisation) „gelöst“ werden: etwa durch die Überweisung des Drogen konsumierenden Schülers an eine Beratungsstelle oder durch seinen Ausschluss aus der Schule.

 

... durch System und Öffentlichkeit

 

Die Problemdefinitionen unterscheiden sich dabei nicht nur diachron (über die Zeit hinweg), sondern auch synchron, indem sie in den betroffenen System unterschiedlich ausfallen. Einige ernähren sich wegen der möglichen Verbindung von Rinderwahnsinn bei Tieren und der Kreutzfeld-Jacob-Krankheit bei Menschen nur noch vegetarisch, andere gehen weiterhin fünf mal pro Woche zu McDonalds; gewisse Firme richten umfangreiche Programme zur Verhinderung von Alkoholmissbrauch ein, andere nicht.

An dieser Stelle bietet sich an, den Satz „Probleme werden gesellschaftlich konstruiert“ weiter auszudifferenzieren. Wie wir gesehen haben, erfolgen diese Problemkonstruktionen nicht einheitlich, sondern vielfältig. Dabei vermengen sich systemspezifische Konstruktionen (von Individuen, Organisationen, der Politik und vor allem: den Massenmedien) zu „öffentlichen“ Konstruktionen, die wiederum auf die Systeme einwirken. So wie es keine einheitliche Meinung zwischen den Systemen zu bestimmten Problemen gibt, so gibt es auch keine einheitliche öffentliche Meinung dazu[6].

 

Prävention als „Meinungsmacher“ neben andern

 

Für die Prävention heisst das, dass sie ihre Problemsicht und ihre Dienste Individuen, Organisationen, Familien, Gruppen und andern Systemen anbietet, die eine je individuelle Meinung zu den zu verhindernden Problemen haben und die auch ebenso individuelle Vorstellungen darüber entwickeln, ob und wie sie sich in Hinsicht auf die betreffenden Probleme verändern wollen. Man kann mit Rauchen aufhören, weil Zigaretten Lungenkrebs verursachen können, oder man kann damit anfangen, obwohl dies so ist – vielleicht weil man andere Faktoren (etwa: Akzeptanz in der Clique) höher einschätzt als die physische Gesundheit.[7]

Es ist ja eben nicht so, dass die öffentliche Meinung allein durch die wohlmeinenden Ratschläge der Prävention geprägt wird; vielmehr setzt sich diese Meinung aus einer unübersehbaren Menge von Teilmeinungen zusammen – Meinungen, die den „präventiven“ Botschaften bisweilen (z.B. im Fall der Zigarettenwerbung) diametral widersprechen. In andern Worten: die Prävention bewegt sich mit ihren Botschaften auf einem „Markt der Öffentlichkeit“[8], auf welchem sie gegen zahllose Konkurrenten zuerst um Aufmerksamkeit und dann um Akzeptanz ihrer spezifischen Meinung zu einem Problem buhlen muss. Nur wenn ihr das gelingt: Aufmerksamkeit zu erregen und eine Problemsensibilisierung zu bewirken, nur dann hat die Prävention überhaupt die Chance, Anlass zu Veränderungen in den Systemen zu geben, welche sich problemverhindernd und damit gleichzeitig gesundheitsfördernd auswirken.

 

Die Unterscheidung von Gefahr und Risiko

 

Die Ausbreitung von Prävention in den letzten Jahrzehnten deutet darauf hin, dass die Anschlussfähigkeit für Botschaften, die auf die Vermeidung von unerwünschten Verhaltensweisen oder Zuständen hinzielen, gewachsen ist. Die Prävention hat – um auf die ökonomisch gefärbte Sprache von vorhin zurückzukommen – ihre Anteile auf dem Markt der Öffentlichkeit erhöht. Da die Geldmittel zur gewerbsmässigen Verbreitung der präventiven Botschaften über die Massenmedien (zumindest im Vergleich zur Tabak- und Alkoholwerbung) noch verschwindend gering sind, muss es noch andere Erklärungen für die Popularisierung der Prävention geben als die Zunahme der Finanzkraft.

Neben einem generell zunehmenden Gesundheitsbewusstsein[9] kann die kontinuierlich steigende Risikosensibilisierung der modernen Gesellschaft als bedeutender Einflussfaktor angenommen werden. Um die Gründe für das steigende Risikobewusstsein zu analysieren, lohnt es sich, die viel zitierte Unterscheidung von Risiko und Gefahr von Niklas Luhmann[10] aufzunehmen. Luhmann spricht von „Gefahr“, wenn die Ursache für einem künftigen Schaden von einem System der Umwelt zugewiesen wird und das System keine Möglichkeit sieht, den Schaden durch eigene Entscheidungen abzuwenden. Von „Risiko“ ist dann entsprechend die Rede, wenn der künftige Schaden mit einer systemeigenen Entscheidung in Verbindung gebracht wird. Atemwegsbeschwerden durch verschmutzte Luft kann man durch eigene Entscheidung kaum verhindern, Atembeschwerden durch Tabakmissbrauch jedoch schon. Autoabgase und Passivrauchen wären in diesem Sinn weitgehend den Gefahren zuzurechnen, aktives Rauchen dem Risiko.[11]

 

Die Risiko(wahrnehmungs)-Gesellschaft

 

Im Gegensatz zu früher werden in der modernen Gesellschaft – nicht zuletzt durch die Erkenntnisse der Wissenschaft – immer mehr Gefahren in Risiken transformiert, die durch eigene Entscheidungen mehr oder weniger stark verringert werden können. Man schnallt sich an im Auto, raucht nicht mehr, trinkt nur noch mässig Alkohol, verzichtet auf Süssigkeiten, treibt Sport, vermeidet Stress, verwendet Präservative etc. Kurz: man sieht sich mit einer stetig wachsenden Anzahl von möglichen Schäden konfrontiert und bekommt dazu Handlungsanweisungen offeriert, mit denen man die drohenden Schäden (vielleicht) vermeiden kann. Dann kann oder besser: muss man sich entscheiden, ob man den Schäden aktiv vorbeugen will oder nicht.[12]

Diese massive Risikonsensibilisierung wird durch die Massenmedien (mit)getragen, deren Präferenz für Unfälle, Verbrechen, Krankheiten und sonstige Schadensereignisse in einer anhaltenden Wechselwirkung steht mit der wachsenden öffentlichen Aufmerksamkeit für solche Schäden.[13]

Betrachtet man die steigende Risikowahrnehmung in den letzten Jahrzehnten und vergleicht sie mit der Entwicklung der Prävention, so liegt der Schluss nahe, dass ein Zusammenhang zwischen den beiden Phänomenen besteht. Die Prävention scheint sich als Mittel zu etablieren, mit welchem die Gesellschaft auf ihre gesteigerte Risikowahrnehmung zu reagieren versucht.[14] Dabei fällt auf, dass sich Horizont der zu verhindernden Probleme enorm erweitert. Während es schon für die Zeit der Antike gut dokumentierte Versuche gibt, physischen Krankheiten vorzubeugen[15], so wird heute auch die frühzeitige Verhinderung von psychischen und sozialen Problemen angestrebt.

 

Prävention und Behandlung als Beratung mit fliessendem Übergang

 

Die in der Prävention gerne verwendete Begriffskette Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention[16] gibt einen Hinweis darauf, dass die Unterscheidung von Prävention und Behandlung fliessend ist:

  • Primärprävention: Das Problem ist noch nicht aufgetreten

  • Sekundärprävention: Das Problem ist – je nach Definition – ansatzweise aufgetreten oder es besteht ein erhöhtes Risiko, dass es auftritt

  • Tertiärprävention: Das Problem ist manifest und die präventiven Massnahmen zielen darauf hin, eine Verschlimmerung des Problems oder das Auftreten von Folgeproblemen zu verhindern.

Bei der Tertiärprävention wird die Differenz von Prävention und Behandlung so gering, dass der Begriff – zumindest in der Suchtprävention – an Bedeutung verloren hat und durch andere Begriffe wie „Überlebenshilfe“ oder „harm reduction“ ersetzt wurde. Dies ist insofern nachzuvollziehen, als jede Behandlung einen präventiven Aspekt hat und sei es nur, dass sie den Tod verhindert. Im Bereich der Sekundärprävention wird der fliessende Übergang zwischen Prävention und Behandlung durch den Begriff der „Früherfassung“ markiert. Mit dieser Bezeichnung wird die Etablierung von Strukturen in einer Organisation umschrieben, die zu einer möglichst schnellen Erkennung von Problemanzeichen bei einzelnen Mitgliedern und deren Überführung in die Behandlung führen soll.[17]

Während – wie hier argumentiert wird – die Differenz von Behandlung und Prävention in der Problembeobachtung auf der Zeitebene liegt, besteht ihre Gemeinsamkeit darin, dass sie in der Form von Beratung erfolgen. Beratung wird dabei, nach systemischer Tradition, nicht verstanden als die Übertragung von Information von „wissenden“ ExpertInnen auf „unwissende“ KlientInnen, sondern als Zur-Verfügung-Stellen von andern Beobachtungsmöglichkeiten.[18] Folgt man dieser Definition, so können auch Präventionsaktivitäten damit beschrieben werden, die mit einem sehr untypischen Beratungssetting operieren – z.B. Theaterstücke oder Freizeitanlässe wie „Midnight Basketball“. Solche Projekte bieten – immer in Hinblick auf das zu verhindernde Problem – genau so Beobachtungs- oder Verhaltensmöglichkeiten an wie Projekte, die vornehmlich mit dem Medium Sprache operieren.

 

Beratung in Bezug auf bestehende und zukünftige Probleme

 

Bevor die Veränderung von Systemzuständen behandelt wird, welche Prävention zu erreichen versucht, soll auf die Besonderheiten der Probleme eingegangen werden, die präventiv behandelt werden. Diese Probleme treten – vorher war die Rede davon – in Risikoform auf, also in einer Form von Zukunft, die durch eigene Entscheidungen beeinflusst werden soll. Die Probleme sind also zu gleichen Zeit da und nicht da: Zum einen sind sie ein Thema von Kommunikation und in vielen Fällen bestehen (etwa in einer Organisation wie einer Schule) auch konkrete Erfahrungen damit; zum andern soll ein neues, resp. weiteres Auftreten dieser Probleme mittels präventiver Massnahmen verhindert werden.

Diese Differenz von bestehenden und zukünftigen Problemen, die beide gegenwärtige Ziele von Interventionsversuchen sind, wird zur tragenden Differenz von Behandlung und Prävention (siehe Kasten). Behandelnde Massnahmen beziehen sich auf konkrete Probleme bei konkreten Personen oder sozialen Systemen. Behandlungsfachleute – Ärzte, Therapeutinnen, OrganisationsberaterInnen etc. – können sich auf eine Problemgeschichte stützen, die sie zu Beginn der Behandlung zu eruieren versuchen. Der Patient hat Lungenkrebs; die Klientin ist süchtig. Ihr Zustand wird daher als veränderungsbedürftig angesehen; sie sollen geheilt, therapiert oder sonst in einem positiven Sinn verändert werden. Auf die Zeitachse bezogen umformuliert: Man konstatiert einen unerwünschten Zustand in der Gegenwart, versucht die Vergangenheit auf Aspekte zu beobachten, welche diesen Zustand (mit-)bewirkt haben könnten, und formuliert Massnahmen für die Zukunft, welche eine Verbesserung des Zustandes anstreben.

 

Die zwei Problemdimensionen bei der Prävention

 

Bei der Prävention ist der Fall komplizierter. Auf der einen Seite werden ihre Probleme als Teil der gesellschaftlichen Risikowahrnehmung thematisiert; sind aber (noch) nicht manifest; sie liegen in der Zukunft. Die einzige Problemgeschichte, an welche die Prävention anschliessen kann, ist die Geschichte von Problemen, die in der Umwelt des beratenen Systems, von andern Individuen oder sozialen Systemen, erfahren worden sind. Die Betroffenheit dieser mittels Prävention erreichten Personen, Organisationen oder Familien ist quasi virtuell: sie haben das Problem noch nicht, aber sie könnten es bekommen. Im Vergleich zur Behandlung liegen die Zeitverhältnisse hinsichtlich des zu verhindernden Problems also exakt umgekehrt: Der unerwünschte Zustand liegt in der Zukunft und der erwünschte in der Gegenwart.

Auf der andern Seite gibt viele Organisationen, die sich an einem Präventionsprojekt beteiligen, weil sie konkrete Erfahrungen mit den zu verhindernden Problemen gemacht haben.  So kommt es immer wieder vor, dass an einer Schule Drogen konsumiert werden und dass als Folge mit einem Präventionsprojekt zu verhindern versucht wird, dass dieses Problem wieder vorkommt resp. dass es sich verschärft. Das Problem ist in diesem Fall konkreter vorhanden und die Motivation eine andere, als wenn es lediglich durch Beobachtung der öffentlichen Risikowahrnehmung in das System eingeführt wird. Entsprechend konturreicher ist die Problemgeschichte: Die Schule kann Faktoren bezeichnen, die zum Drogenkonsum beigetragen oder ihn zumindest nicht verhindert haben. Vielleicht haben einzelne Lehrkräfte schon lange Anzeichen dafür entdeckt, dass ein Schüler Probleme hat und es gab keine Strukturen, die es nahe gelegt hätten, solche Beobachtungen mit andern auszutauschen oder das Gespräch mit dem betreffenden Schüler zu suchen. Vielleicht hat man ihn nur als störend wahrgenommen und entsprechende Sanktionen verfügt. Vielleicht lässt der überladene Lehrplan gar keinen Raum für etwas anderes als den Schulunterricht.

Anhand dieser Fragen wird offensichtlich, wie nahe die Prävention in einem solchen Fall bei der Behandlung liegen kann. Nur ist es nicht der Schüler der durch die Prävention behandelt wird und demnach auch nicht die Drogensucht. Der Schüler und „sein“ Problem werden anderweitig „behandelt“ – vielleicht durch den Ausschluss aus der Schule, vielleicht durch eine Drogenberatungsstelle, vielleicht durch beides oder auf eine andere Art. Die Prävention jedoch behandelt nicht das Problem, dessen Auftreten oder des Verschlimmerung sie verhindern will; sie behandelt die Faktoren, welche das Auftreten dieses Problems begünstigt haben könnten.

 

Zwischenprobleme

 

Für den Beobachter stellt sich nun die Frage, wie die präventive Beratung eines sozialen Systems oder eines Individuums aussehen soll. Die These ist, dass die Prävention eine zweite Problemebene definiert: die Ebene der Zwischenprobleme. Beim zuvor erwähnten Beispiel mit der Schule und ihrem Drogen konsumierenden Schüler deutete sich an, was mit diesem Begriff gemeint sein könnte: Prävention könnte sich nie wirksam etablieren, wenn gewisse soziale und psychische Systeme nicht befürchten würden, selbst auch einmal von Sucht, Gewalt, physischer Krankheit, Rassismus und andern unerwünschten Verhaltensweisen oder Zuständen betroffen zu sein. Zudem müssen Faktoren bekannt sein und kommuniziert werden, welche das Auftreten dieser Probleme eher wahrscheinlich resp. unwahrscheinlich machen. Die einen Faktoren (die Risikofaktoren) versucht man dann im Laufe der präventiven Beratung zu reduzieren, die andern (im gängigen Sprachgebrauch: die Ressourcen) versucht man zu stärken.

In andern Worten: Prävention[19] formuliert Zwischenprobleme, die sie im Hinblick auf die zu verhindernden Hauptprobleme (die ja selber nicht manifest sind) behandeln (sic!) kann. Die oben erwähnte Schule hat dann „unklare Kommunikationsstrukturen“, ermöglicht „zuwenig Konfliktfähigkeit“, hat „zu viele Kinder in den Klassen“ oder einen „abweisenden Schulhof“; das Individuum ist „ungenügend informiert“, kann „zu wenig Nein sagen“, spielt „zu viel Game Boy“, ist „kann nicht über Gefühle reden“ etc. Damit werden – aufgrund mehr oder weniger gestützter Beobachtungen – Zustände formuliert, die durch die präventive Beratung in Bezug auf die zu verhindernden „Hauptprobleme“ gefördert resp. verringert werden sollen.,

Diese Hauptprobleme treten, ausser in der „reinen“ Informations- und Abschreckungsprävention, in den Hintergrund. Sie motivieren das System dazu, sich aktiv auf Problemverhinderung/Gesundheitsförderung einzulassen, und sie veranlassen andere Systeme (etwa: Geldgeber), das veränderungsbereite System zu unterstützen.

 

Zwei Ebenen der Veränderung

 

Bevor auf das Thema der Veränderung eingegangen werden, sollen – in angemessener Kürze und entsprechenden Vereinfachungen – einige der hoch komplexen Grundlagen der Luhmannschen Systemtheorie behandelt werden. Soziale und psychische Systeme sind nach Luhmann selbsterzeugend und selbsterhaltend; sie sind autopoietisch[20]. In einem sozialen System wie einer Organisation schliessen Kommunikationen an Kommunikationen an, in einem psychischen System Gedanken an Gedanken. Beide Systemtypen sind untrennbar miteinander verbunden[21] (vor allem durch die Medien Sinn und Sprache), und doch operieren sie unterschiedlich. Was die beiden Systemtypen ebenfalls verbindet: Ihre Operationen (Kommunikationen, Gedanken) erfolgen nicht zufällig, sondern sie werden strukturiert: Aus einem unergründlichen Geflecht von Strukturen werden unablässig (bei jeder Operation) diejenigen aktualisiert, die der Situation am meisten angepasst sind. Man bremst, wenn die Ampel auf Rot schaltet, man senkt die Stimme, wenn man eine Kirche betrifft. Während die Kommunikationen und Gedanken Ereignisse sind, die unmittelbar vergehen und durch neue Ereignisse ersetzt werden, sind die Strukturen dauerhaft ausgelegt. Sie bleiben bestehen, so lange sie sich bewähren, und wenn sie sich nicht mehr bewähren, werden sie durch neue Strukturen ergänzt. Diese Ergänzung wird gemeinhin als Lernen bezeichnet.

Wenn man nun von Veränderung spricht, so können zwei Ebenen von Veränderung unterschieden werden: die operative Ebene der laufend erfolgenden Veränderungen und die Ebene der Beobachtung dieser Veränderungen, die natürlich immer nur in Ausschnitten erfolgen kann[22]. Auf der operativen Ebene verändert sich das System andauernd, da die Strukturen bei jeder Operation neu – und immer anders – aktualisiert werden. Die durch die Strukturen ermöglichten Ereignisse „passieren“ gleichsam; sie schreiben die Zeit fort, wie ein Uhrzeiger, der von einem Sekundenstrich zum nächsten hüpft. Veränderungen auf dieser Ebene können wohl beobachtet und allenfalls gestoppt[23], aber nicht beeinflusst werden. Auf der Beobachtungsebene hingegen werden die Veränderungen an Zuständen festgemacht, die sich über einen festgelegten Zeitraum verändert haben oder sich verändern sollen. Die Zeithorizonte Vergangenheit und Zukunft treten erst hier in Erscheinung. Oder anders ausgedrückt: Erst wenn Zustände in der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft festgemacht und als Problem thematisiert werden – sei dies kommunikativ oder gedanklich – können andere (problemlose) Zustände definiert werden, die mittels Veränderungen der entsprechenden (sozialen oder psychischen) Strukturen erreicht worden sind[24] oder erreicht werden sollen.

 

Wie können Veränderungen erreicht werden?

 

Weiter oben wurde formuliert, dass sich die behandelnde Beratung (z.B. eine Psychotherapie) an bestehenden Problemen bei konkreten Systemen orientiert und dass die Prävention „Zwischenprobleme“ formuliert, die sie behandeln kann, damit die „eigentlichen“ Probleme (die Sucht, die Gewalt) ausbleiben mögen. Beide Beratungsformen bewegen sich also immer auf der konstruktiven Ebene beobachteter oder zu beobachtender (angestrebter) Veränderungen. Weiter sind wir davon ausgegangen, dass die beratenen Systeme einen hohen Grad an Autonomie besitzen[25], dass sie es sind, die bestimmen, welche Informationen sie aus ihrer Umwelt aufnehmen und wie sie diese verarbeiten[26].

Angesichts des eingeschränkten Beeinflussungspotenzials, das der Beratung zugeschrieben wird, stellt sich die Frage, wie die Prävention die gewünschten Veränderungen erreichen kann. Oder konkreter: Wie – mit welchen Instrumenten und Methoden – kann die Prävention Individuen und soziale Systeme wie Organisationen so beeinflussen, dass weniger Sucht, Gewalt, sexueller Missbrauch, Rassismus, Herzinfarkte, Vermögensdelikte, Verkehrsunfälle etc. vorkommen und sich demnach die allgemeine Gesundheit verbessert?

Obwohl die Präventionsforschung noch viel zu wenig ausgebaut und – zumindest in Bezug auf eine eigentliche Wirkungsforschung – mit immensen methodischen Problemen konfrontiert ist, hat sie im Laufe der letzten Jahrzehnte, doch einige Tendenzen aufzeigen können, die für einen höheren Wirkungsgrad von gewissen Methoden im Vergleich zu andern sprechen. An dieser Stelle kann es nicht darum gehen, eine umfassende Auflistung dieser Tendenzen zu leisten und sie nach theoretischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Vielmehr sollen einige ganz spezielle Aspekte herausgegriffen und in Hinblick auf ihr Veränderungspotenzial beobachtet werden.

 

Prävention mit Individuen und mit sozialen Systemen

 

Eine geläufige Unterscheidung in der Prävention ist die Unterscheidung von Verhaltens- und Verhältnisprävention. Diese Unterscheidung weist – in hübscher semiotischer Form, aber mit wenig begrifflicher Präzision[27] – darauf hin, dass sich Prävention einerseits direkt an Menschen richtet und andererseits an die sozialen Systeme, welche die relevante Umwelt (die „Lebenswelt“[28]) dieser Menschen ausmachen. Im ersten Fall soll bewirkt werden, dass bestimmte Verhaltensweisen und Zustände nicht auftreten, im zweiten geht es darum, die Systeme (etwa eine Schule) zu strukturellen Veränderungen zu veranlassen, welche es unwahrscheinlicher machen, dass die Individuen im Umfeld dieser Systeme (hier: die SchülerInnen oder auch die Lehrkräfte) die zu verhindernden Verhaltensweisen oder Zustände entwickeln, dass sie z.B. süchtig oder gewalttätig werden.

Wenn es um Versuche geht, Individuen über direkte Kommunikation zu einer Veränderung ihrer psychischen Strukturen zu bewegen, so zeichnet sich ein deutlicher Unterschied zur Behandlung ab: Bei bestehenden Problemen ist es durchaus üblich, dass eine länger dauernde Serie von Interventionsversuchen – etwa in Form einer ambulanten Beratung oder einer Therapie – durchgeführt wird. Anders bei der individuen-bezogenen Prävention: Weil man die AdressatInnen nicht näher kennt, nicht weiss, welche von ihnen für eines der zu verhindernden Probleme prädestiniert sind, ist man gezwungen, die präventiven Interventionsversuche zu streuen. Die herkömmliche Form ist die Kampagnen-Prävention. Sie vermutet gewisse Zwischenprobleme (etwa ein Informationsdefizit) und versucht, diese via Botschaften auf Plakaten oder in Fernsehspots zu behandeln. Weiter oben wurde auf die gewaltige Konkurrenz hingewiesen, mit der sich diese Präventionsform konfrontiert sieht: Da ist zum einen die kommerzielle Werbung, welche die gleichen Interventionsversuche mit einem ungleich höheren Budget und damit mit weit mehr Nachhaltigkeit unternehmen kann, und da sind zum andern – augenscheinlich mit noch grösserem Beeinflussungspotenzial als die Werbung – die Trends, die bei gewissen Teilen der Bevölkerung auch Verhaltensweisen (zur Zeit etwa das Rauchen bei Mädchen) fördern, welche die Prävention zu verhindern sucht[29].

 

Verfestigung der präventiven Botschaften auf Interaktionsebene

 

Anhand der bisherigen theorie-geleiteten Überlegungen muss man davon ausgehen, dass die angestrebten Veränderungen der psychischen Strukturen von Individuen mit den punktuellen Beeinflussungsmöglichkeiten der Kampagnenprävention oder ähnlicher Massnahmen nur mit riesigem finanziellem Aufwand oder bei einem auf klar definierte Handlungsanweisungen beschränkten Themengebiet wie der Aidsproblematik[30] wahrscheinlicher gemacht werden können. Bei hyperkomplexen Themenbereichen wie Sucht oder Gewalt mit ihren unzähligen potenziellen Einflussfaktoren scheint der Erfolg von punktuellen Präventionsaktivitäten eher unwahrscheinlich.

Weil sich Kampagnen nur an sehr unklar definierte AdressatInnen richten, können sie diesen zudem kaum Rückkopplungsmöglichkeiten anbieten, welche es erlauben würden, die Inhalte der präventiven Botschaften zu reformulieren[31]. Eine solche Rückkopplung ist einfacher möglich, sobald körperliche Präsenz gewährleistet ist, die Kommunikation also in Interaktionsform erfolgt. Gewisse unter dem Begriff „Prävention“ laufende Theaterstücke versuchen, diese interaktive Komponente zu nutzen, indem sie die ZuschauerInnen zum Mitmachen auffordern und sich nicht darauf beschränken, die Erweiterung des Beobachtungsspielraumes ausschliesslich durch den potenziellen Informationsgehalt des Theaterstückes anzustreben[32].

Damit gewinnen die Interventionsversuche in Ansätzen den Charakter einer Prozessbegleitung: In einem interaktiven Theater oder in ähnlichen Präventionsangeboten wird nicht nur versucht, die gewünschte Veränderung zu initiieren, sondern es wird – in diesem Fall noch mit sehr beschränkten formalen und vor allem auch zeitlichen Mitteln – auch Hand dazu geboten, diese Veränderungen über eine kurze Zeit hinweg zu begleiten, d.h. sie gemeinsam zu reflektieren und weitere Veränderungen anzuregen. Das Kind, das den Mut zum Mitmachen hat, wird dann als Adressat fassbar; es verschwindet nicht mehr in der Anonymität der Zielgruppe, sondern wird zu einem konkreten Menschen. Es erhält – um in den systemtheoretischen Terminus einzuführen – eine „soziale Adresse“[33], eine Adresse in der präventiven Kommunikation.

 

Die soziale Adresse des Menschen

 

Eine der tief greifenden Unterschiede der Systemtheorie zu anderen Theoriemodellen ist, dass sie eine strenge analytische Trennung verschiedener Systemebenen vornimmt. Sie unterscheidet zwischen sozialen, biologischen und psychischen Systemen und verzichtet damit auf Kompaktbegriffe wie jene des „Menschen“ oder des „Individuums“. Damit stellt sich die Frage, in welcher Form die Menschen in der Kommunikation vorkommen.

Die systemtheoretische These ist, dass jeder Mensch in einem sozialen System ausschliesslich als soziale Adresse erscheint. Diese Adresse wandelt sich entsprechend von System zu System und von Situation zu Situation. Sie ist im Büro eine andere als zu Hause, im Milchladen eine andere als auf dem Sportplatz oder in der Kirche. So gesehen umfasst der Begriff der sozialen Adresse mehr Aspekte als jener der Rolle. Es geht nicht nur um die Erwartungen eines sozialen Systems in Bezug auf die Erfüllung einer bestimmten Funktion (etwa als Mitarbeiter einer Firma oder als Elternteil in einer Familie), sondern um alle in diesem System relevanten Aspekte. So beeinflussen gewisse Faktoren wie das Geschlecht, das Alter oder die ethnische Zugehörigkeit die soziale Adresse nachhaltig und führen zu einer spezifischen Behandlung der Adressen in der Kommunikation – einer Behandlung, die dann in Bezug auf solche Aspekte als Ungleichbehandlung wahrgenommen werden kann.

In Bezug auf die Prävention ist dann etwa von Bedeutung, dass die soziale Adressen in Jugendgruppen durch bestimmte Faktoren (etwa „Wer raucht, ist cool.“) beeinflusst werden, welche die durch die Prävention zu verhindernden Verhaltensweisen oder Zuständen wahrscheinlicher machen.

 

Der Aspekt der Langfristigkeit

 

Das Beispiel der Unterscheidung von interaktivem und nicht-interaktivem Theater lässt vermuten, dass präventive Beratung im Kontext von sozialen Systemen generell Erfolg versprechender ist, als wenn sie nur versucht, die Information einseitig zu „vermitteln“. Diese Annahme lässt sich nicht nur theoretisch begründen, sondern auch empirisch belegen: So weisen etwa die Arbeiten von Sloboda[34] und Tobler[35] darauf hin, wie wichtig es ist, bei der Behandlung von präventiven Inhalten interaktiven Modellen den Vorzug zu geben. Selbstredend beschränkt sich „Interaktion“ in diesem Zusammenhang nicht auf den Faktor der physischen Anwesenheit. Vielmehr geht es um Miteinbeziehen der Individuen in die Kommunikation; es geht um Partizipation an Stelle von Frontalunterricht.

Mit dem interaktiven Einbezug der AdressatInnen in die Prävention ist jedoch ein weiteres wichtiges Element Erfolg versprechender Präventionsarbeit noch nicht garantiert: die Langfristigkeit. Aus theoretischer Sicht erscheint es plausibel, dass die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten der erwünschten strukturellen Veränderungen (psychischer und sozialer Natur) erhöht werden kann, wenn die Zahl der Interventionsversuche erhöht wird. Künzel-Böhmer et. al.[36] unterstützen diese These in ihrer – zumindest im deutschen Sprachraum – immer wieder zitierten Meta-Analyse[37] zur Präventionsforschung, wenn sie schreiben, dass „zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass langfristige präventive Programme im Vergleich zu kurzfristigen wesentlich effektiver sind.“

 

Organisationen als Interventionsorte

 

Diese Erkenntnis stellt die Frage in den Mittelpunkt, wo, in welchen sozialen Systemen, eine solche Langfristigkeit am ehesten erreicht werden kann. Familien bieten sich an, weil sie auch wirklich frühzeitige Präventionsaktivitäten ermöglichen würden; bei ihnen ergibt sich aber die Schwierigkeit, dass die Autonomie der Familien in unserem Kulturkreis sehr hoch eingeschätzt wird, was langfristige Interventionsversuche grundsätzlich erschwert. Eine ähnliche Situation besteht bei den Interessengruppen von Gleichaltrigen (Peer-Groups), in denen präventive Interventionsversuche allenfalls fruchtbar sind, wenn die Peer-Leader als MediatorInnen fungieren[38].

Schaut man sich die Alltagsrealität der Präventionsarbeit an, so liegt der Schluss nahe, dass Organisationen und unter ihnen vor allem Schulen und Firmen für präventive Aktivitäten prädestiniert sind. Dies lässt sich auch theoretisch nachvollziehen. Organisationen sind nachhaltig durchstrukturierte soziale Systeme, die in der Regel über Ordnungsmittel (wie Hierarchie) und Sanktionsmöglichkeiten (im Extremfall: den Ausschluss) verfügen, was ihnen erleichtert, langfristige Präventionsaktivitäten verbindlich einzurichten[39]. Andererseits sind die zeitlichen und personellen Ressourcen von Organisationen beschränkt. Für die Firmen wird langfristige Präventionsarbeit teuer und für die Schulen fordert sie Raum im ohnehin überfüllten Lehrplan.

 

Prävention über Organisationsstrukturen

 

Dass die Gesundheitsförderung die günstigen strukturellen Eigenschaften von Organisationen schon lange erkannt hat, zeigt sich an der Bedeutung, die sie dem „setting-orientierten“ Ansatz zumisst.[40] Die Prävention arbeitet erst seit den 80er-Jahren vermehrt setting-orientiert und bezeichnet dies mit dem Begriff „Verhältnisprävention“. Organisationen werden dabei nicht mehr in erster Linie als Orte gesehen, an denen die präventiven Botschaften an die Individuen gerichtet werden können; vielmehr werden sie als relevante Umwelt, als Lebenswelt dieser Individuen verstanden.

Bei diesem Modell werden die Veränderungen auf zwei unterschiedlichen Ebenen angestrebt: Die Organisation soll ihre Struktur so verändern, dass die Individuen selbst zur Veränderung angeregt werden. Ein Beispiel: Wenn eine Schule im Rahmen eines Präventionsprojektes eine Widerspruchskultur einrichtet, die Widerspruch nicht per se an die Machtverteilung koppelt („Dem Lehrer widerspricht man nicht“), so ermöglicht das den SchülerInnen die Erfahrung, dass ihre Einwände ernst genommen werden. Dies wiederum wird ihre Fähigkeit beeinflussen, auch in andern Situationen (etwa in ihrer „Clique“) ihre Meinung zu vertreten und unerwünschte Angebote (z.B. zum Rauchen einer Zigarette) eher abzulehnen.

Wenn es gelingt, dieses Strukturbündel „Widerspruchskultur“ in der Organisationen nachhaltig zu verankern, es also weitgehend von den Vorlieben von Einzelpersonen unabhängig zu machen, dann ist anzunehmen, dass die gesundheitsfördernde Wirkung durch viele SchülerInnen über Jahre hinweg wahrgenommen werden kann.

 

Die Begleitung des Veränderungsprozesses

 

Die Aufgabe der Präventionsfachleute im Rahmen eines solchen Projektes besteht in der (Mit-)Initiierung und in der beratenden Begleitung des Veränderungsprozesses, der ja immer vor der Hintergrund zu verhindernder Probleme abläuft. „Beratung“ wird dabei – es wurde weiter oben angetönt – nicht so verstanden, dass die Beratungsperson Lösungen vermittelt; vielmehr unterstützt sie die Organisation dabei, solche „Lösungen“ zu entwickeln. Diese Unterstützung ergibt sich aus den Beobachtungsmöglichkeiten, welche die Beratungsperson anzubieten hat, und ihre Beratungskompetenz besteht unter anderem darin, die richtigen Zeitpunkte für ihre Angebote zu wählen.

Nach einer Situationsanalyse zu Beginn des Projektes besteht die Arbeit der Beratung also in erster Linie darin, gemeinsam mit der Organisation ihre Veränderungen auf operationaler Ebene (siehe oben) auf der konstruktiven Beobachtungsebene im Hinblick auf die angestrebten Veränderungen zu beobachten. Diese Unterstützung bei der Selbstbeobachtung führt im Idealfall zu den erwünschten strukturellen Veränderungen. Oft wird es aber so sein, dass die erwünschten Veränderungen durch interne und externe Einflüsse erschwert werden und die Zielsetzungen Laufe des Prozesses modifiziert werden müssen. Widerstände (ob intern oder extern) sind bei jedem Projekt allgegenwärtig und können nicht ignoriert werden......

Bei alledem ist zu beachten, dass die Beratungsperson weder zur Organisation gehört, noch in diese „hineinkommunizieren“ kann. Beratung erfolgt immer in Form eines Drittsystems, welches eine kommunikative Umwelt sowohl für die Organisation als auch für die Beratungsperson darstellt. Dieses Beratungssystem hat ebenfalls seine eigenen Strukturen, seine eigenen Zeitkonstruktionen und seine eigene Veränderungsdynamik. Wenn in diesem System Harmonie, Konsens und Zuversicht herrschen, heisst das noch lange nicht, dass die Veränderungen in der beratenen Organisation dann auch den erwünschten Verlauf nehmen. Zu vielfältig sind die andern möglichen Einflussfaktoren – man denke nur an eine allfällige Veränderungsunwilligkeit von MitarbeiterInnen, die ohne weiteres hinter kommunizierter Veränderungsbereitschaft verborgen werden kann.

 

Abschliessende Bemerkungen

 

Trotz (oder wegen) dieser Unwegsamkeiten legt die Komplexität des Vorhabens, eine zielgerichtete Veränderung von eigentlich unbeobachtbaren Systemstrukturen zu erreichen, zumindest aus systemtheoretischer Sicht den Schluss nahe, dass langfristige Präventionsaktivitäten eher Erfolg versprechen als einmalige oder sehr kurzfristige Interventionsversuche. Das heisst nicht, dass Prävention ausschliesslich in Projektform erfolgen sollte. Plakatkampagnen, Theaterstücke, Events etc. können zur Sensibilisierung der Bevölkerung und als begleitende Massnahmen durchaus Sinn machen. Um Synergien nutzen zu können, ist es wichtig, diese Aktivitäten optimal mit längerfristigen Präventionsprojekten zu vernetzen. So ist anzunehmen, dass die Botschaften einer gross angelegten Medienkampagne wie „Feel-your-Power“[41] (noch) mehr Resonanz finden könnten, wenn eng mit Projekten in Organisationen wie „Schulteam“[42] oder „Netzwerk gesundheitsfördernder Schulen“ zusammengearbeitet wird. Die Botschaften der Kampagne könnten dann im Rahmen dieser Projekte aufgenommen und behandelt werden.

Insgesamt ist es aber sicher hilfreich, wenn die Erwartungen in das Veränderungspotenzial der Prävention nicht zu optimistisch eingeschätzt werden. Nur so kann der bisweilen zu beobachtende Aktivismus in Grenzen gehalten werden, und nur so wird es möglich sein, die durchaus bestehenden Ressourcen präventiver Beratung optimal zu nutzen.

 

Literatur:

  • Caplan, G., 1964: Principles of preventive psychiatry. New York

  • Emlein, Günther, 1998: Von Mythen, Medizinern und Moral. Ein Gang durch die Geschichte der Sucht. In: ders.; Schwertl, Walter; Staubach, Maria L.; Zwingmann Elke (Hrsg.), 1998: Sucht in systemischer Perspektive. Theorie – Forschung – Praxis. Göttingen: 43-64

  • Fuchs, Peter, 1999: Intervention und Erfahrung. Frankfurt am Main

  • Fuchs, Peter, 1998: Das Unbewusste in Psychoanalyse und Systemtheorie. Die Herrschaft der Verlautbarung und die Erreichbarkeit des Bewusstseins. Frankfurt am Main

  • Hafen, Martin, 2001a: Die Funktion der Prävention. In: Prävention und Prophylaxe 1/01: 28-32

  • Hafen, Martin, 2001b: Die Geschichte von Prävention und Gesundheitsförderung Teil 1: frühe Konzepte. In: SuchtMagazin 2/01: 40-44

  • Hafen, Martin, 2001c: Präventionsgeschichte Teil 2: die Karriere des Suchtbegriffs und die Entstehungsphase der „modernen“ Prävention. In: SuchtMagazin 3/01: 56-60

  • Hafen, Martin, 2001d: Die Begrifflichkeit in der Prävention – Verwirrung auf allen Ebenen. In: Abhängigkeiten 1/01: 33-49

  • Kneer, Georg; Nassehi, Armin, 1994: Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme: eine Einführung. 2. unveränd. Aufl., München

  • Künzel-Böhmer, Jutta; Bühringer, Gerhard; Janik-Konecny, Theresa, 1993: Expertise zur Primärprävention des Substanzenmissbrauchs. Baden-Baden

  • Luhmann, Niklas, 1991: Soziologie des Risikos. Berlin/New York

  • Luhmann, Niklas, 1994 (1984): Soziale Systeme - Grundriss einer allgemeinen Theorie. 5. Aufl.. Frankfurt am Main

  • Luhmann, Niklas, 1996: Die Realität der Massenmedien. 2. erweiterte Auflage. Opladen

  • Luhmann, Niklas, 1999: Öffentliche Meinung und Demokratie. In: In: Marresch, Rudolf; Werber, Nils (Hrsg.), 1999: Kommunikation, Medien, Macht. Frankfurt: 19-34

  • Rötzer, Florian, 1999: Aufmerksamkeit als Medium der Öffentlichkeit. In: Marresch, Rudolf; Werber, Nils (Hrsg.), 1999: Kommunikation, Medien, Macht. Frankfurt: 35-58

  • Sloboda, Zili, 1998: State of the Art of Prevention Research in the United States. In: European Monitoring Centre for Drugs an Drug Addiction EMCDDA (Hrsg.), 1998: Evaluating Drug Prevention in the European Union. Luxembourg: 31-44

  • Tobler, Nancy S., 1997: Meta-Analysis of Adolescent Drug Prevention Programs: Results of the 1993 Meta-Analysis. In: National Institute of Drug Abuse NIDA (Hrsg.), 1997: Meta-Analysis of Drug Abuse Prevention Programs. NIDA Research Monograph 170. Rockville: 5-68


[1] Ich versuchte an anderer Stelle (Hafen 2001d) nachzulegen, dass sich Prävention und Gesundheitsförderung heute in Bezug die Methoden kaum mehr unterscheiden. Die Prävention hat viele der Prämissen der Gesundheitsförderung übernommen und unterscheidet sich vor allem noch dadurch, dass sie explizit auf Krankheitsseite der Unterscheidung krank/gesund ansetzt. Die Gesundheitsförderung hingegen bemüht sich um die Betonung der Gesundheitsaspekte, was nicht verhindern kann, dass sie sich immer wieder auf die Krankheiten und Probleme beziehen muss, um ihren Gesundheitsbegriff zu markieren. Das wiederum heisst nicht, dass die Wahl der Perspektive einfach folgenlos wäre; sie kann sich durchaus auf die Wahl der Methoden und auf die Grundhaltung gegenüber den ProjektpartnerInnen auswirken. Da es in diesem Artikel u.a. um die spezifischen Problemkonstruktionen in diesem Bereich geht, wird (fast) ausschliesslich der Präventionsbegriff verwendet, ohne dass dabei gesundheitsfördernde Massnahmen ausgeschlossen werden sollen.

[2] Wir stützen uns hier auf die Systemtheorie der „Bielefelder Schule“, die in erster Linie mit dem Namen Niklas Luhmann in Verbindung steht. Als Grundlagenwerk gilt gemeinhin: Luhmann, 1994 (1984)

[3] vgl. dazu etwa Emlein, 1998

[4] So ist die akute Problematisierung des Konsums von illegalen Drogen in den frühen 70er-Jahren nur teilweise mit den gesundheitlichen Schädigungen zu erklären, welche die Konsumierenden erlitten. Zum einen war der Konsum dieser Substanzen nichts Neues, zum andern war das immense Schädigungspotenzial des zu dieser Zeit ebenfalls stark zunehmenden Tabakmissbrauchs ebenfalls bekannt, ohne dass dies einen nur annähernd ähnlichen Aufruhr bewirkt hätte. Es liegt nahe, die enge Verbindung von Drogenkonsum und sozialem Protest als wichtigen Faktor für diese Problematisierung anzusehen, die nicht nur die Etablierung eines spezifischen Behandlungsangebots (Therapeutischen Wohngemeinschaften etc.) nach sich zog, sondern auch die Ausdifferenzierung der Suchtprävention. Vgl. dazu Hafen, 2001c.

[5] aber auch. Wir kommen weiter unten darauf zurück, welche Rolle die eigene Erfahrung mit Problemen für die Inanspruchnahme von Präventionsaktivitäten spielen kann.

[6] Vgl. dazu Luhmann, 1999: 27

[7] Wenn man davon ausgeht, dass nicht nur Präventionsfachleute einen umfassenden Gesundheitsbegriff verwenden, sondern auch Jugendliche, dann mag es nicht überraschen, wenn diese den Krankheitsfaktor „soziale Isolation“ stärker gewichten als den Faktor „Lungenkrebs“, zumal der erste gegenwärtig und damit sicher erscheint und der zweite zukünftig und damit unsicher.

[8] Rötzer, 1999: 38

[9] Dass das steigende Gesundheitsbewusstsein nicht per se als „gut“ gelten muss, zeigt sich daran, dass es vereinzelt auch als „Gesundheitsterror“ wahrgenommen wird.

[10] 1991: 30f.

[11] Wie bei allen Differenzen ist die Grenze zwischen Risiko und Gefahr fliessend; sie ist eine Frage der Zurechnung. Für die Kellnerin, die keine Aussicht auf eine andere Erwerbsarbeit hat, ist die Entscheidung, nicht mehr in einem Restaurant zu arbeiten, um nicht an den Folgen des Passivrauchens zu erkranken, kaum zumutbar. – Verständlich, denn auch Erwerbslosigkeit ist bekanntlich ein Gesundheitsrisiko.
Weiter wird an diesem Beispiel deutlich, dass die Entscheidung eines Individuums weit mehr als eine bewusste Entscheidung ist, da das psychische System des Menschen zu einem grossen Teil unbewusst operiert und dabei laufend durch seine physische Umwelt (vor allem das Gehirn) beeinflusst wird. Aus diesem Grund wird der Entscheid, mit Rauchen aufzuhören, von den meisten RaucherInnen schon nach kurzer Zeit durch einen Entscheid für die nächste Zigarette und einen späteren Rauchstopp-Versuch ersetzt.

[12] Diese Entscheidung für oder gegen die Vorbeugung beeinflusst nicht nur die Wahrscheinlichkeit des Eintretens der befürchteten Schädigung, sondern auch die Art und Weise, wie damit umgegangen wird, wenn der Schaden wirklich eintritt. Hatte man sich gegen Vorbeugung entschieden, erfolgt in der Regel eine Schuldzuweisung (hätte man doch den Präservativ verwendet, dann wäre man jetzt nicht mit HIV infiziert); ist der Schaden trotz der Vorbeugung erfolgt, wird das Risiko in der Rückblende zur Gefahr umdefiniert.

[13] Nach Luhmann (1996: 120f.) reaktualisieren die Massenmedien das Gedächtnis der Gesellschaft und stellen so das Hintergrundwissen bereit, welches – in der Form der oben beschriebenen (Teil-)Öffentlichkeit – die Grundlage für Kommunikation bildet.

[14] Damit wäre die Hauptfunktion der Prävention bezeichnet; diese wird durch zahlreiche Nebenfunktionen ergänzt. Vgl. dazu Hafen, 2001a

[15] Vgl. dazu Hafen, 2001b

[16] Caplan, 1964

[17] Ich habe andernorts (Hafen, 2001d) vorgeschlagen, gänzlich auf die Unterscheidung von Primär- und Sekundärprävention zu verzichten, da der erste Begriff eine riesige Menge von möglichen Massnahmen umfasst, während sich der zweite auf die Aspekte der Risikogruppen und der Früherfassung beschränkt. Schaut man sich als „sekundärpräventiv“ bezeichnete Projekte an, so stellt man fest, dass diese Projekte immer auch (und in der Regel: überwiegend) primärpräventive Elemente enthalten.

[18] Wir beschränken uns hier bewusst auf die kommunikativen Aspekte von Behandlung und Prävention und blenden stoffliche Interventionsversuche wie die Verabreichung von Medikamenten (bei der Behandlung) oder von Impfstoffen (bei der Prävention) aus. Das bedeutet selbstredend nicht, dass diese Interventionsversuche nicht auch mit den Mitteln der Systemtheorie beschrieben werden könnten: als Irritationsversuche gegenüber von organischen Systemen, die sich von diesen nach eigenen Prinzipien irritieren oder nicht irritieren lassen.

[19] Auch hier ist die Gesundheitsförderung in die Analyse miteinbezogen. Wenn sie auch zu einem Teil verhindern kann, ihre Massnahmen explizit auf die im Hintergrund mitlaufenden Probleme (wie Sucht) zu beziehen, so kann sie nicht darauf verzichten, Defizite zu formulieren, die sie behandeln kann. Nicht einmal die Methode der Ressourcenförderung (die ja auch in der Prävention breite Anwendung findet) kann davon ausgenommen werden. Die Tatsache, dass man Ressourcen fördert, impliziert ja, dass man „zu wenig“ davon hat (Vgl. dazu Hafen, 2001d).

[20] Vgl. für die Grundlagen der Systemtheorie: Luhmann, 1994 (1984)

[21] Die Theorie spricht hier von struktureller Kopplung.

[22] Zu diesen beiden Zeitdimensionen vgl. Fuchs, 1999: 55ff.

[23] Man schneidet dem andern das Wort ab oder legt den Hörer auf, wenn der andere am Sprechen ist.

[24] Es sei nochmals betont: Strukturen sind unbeobachtbar; jede Veränderung – und sei sie noch so offensichtlich – bleibt die Konstruktion eines Beobachters und könnte demnach auch anders beobachtet werden. Gerade bei Alltagsbeobachtungen der Gesellschaft (z.B. solchen unter dem Titel „Werteverlust“) ergeben sich zwischen den einzelnen Perspektiven beachtliche Differenzen, die auch durch die Wissenschaft nicht einfach ausgeräumt werden können.

[25] Die Theorie spricht hier von „operativer Geschlossenheit“. Die Systeme sind zwar auf Informationen aus ihrer Umwelt angewiesen, aber sie bestimmen selbst, welche Informationen das sind und wie sie verarbeitet werden. Vgl. dazu Kneer und Nassehi: 21f.

[26] Genau deshalb – weil nicht von einem kausalen Eingriff in die beratenen Systeme ausgegangen werden kann – spricht die Systemtheorie nicht von Interventionen, Eingriffen oder dergleichen, sondern von Interventions- oder Irritationsversuchen.

[27] Mit „hübscher semiotischer Form“ ist die zeichenmässige Nähe von „Verhalten“ und „Verhältnis“ gemeint, mit „wenig begrifflicher Präzision“ der Umstand, dass beim ersten Begriff Verhalten durch Prävention verhindert werden soll und beim zweiten Prävention über die Veränderung der Verhältnisse gemacht werden soll.

[28] Wenn hier von „Lebenswelt“ gesprochen wird, dann ist die Welt gemeint, in der die Menschen ihren Alltag verbringen. Damit ist NICHT impliziert, dass diese Lebenswelt im Sinne einer „Intersubjektivität“ von allen Individuen gleich wahrgenommen wird, wie dies in der Tradition des Lebenswelt-Begriffes bisweilen vorausgesetzt wird.

[29] Man denke nur an die praktisch flächendeckende Verbreitung von gewissen Bekleidungsstücken (zur Zeit: enge, bauchfreie Tops bei Mädchen und sehr weit geschnittene Hosen bei Jungen) bei Jugendlichen, um die grosse Integrationskraft solcher Trends zu erkennen. Wenn es dann nicht mehr das Tragen eines Tops, sondern der Zigarettenkonsum ist, der die Akzeptanz in einer Gruppe garantiert oder zumindest fördert, dann stellt das die Prävention vor einige Probleme.
Ein Trend wäre in dieser Hinsicht eine weit verbreitete, relativ stark vereinheitliche Beobachterperspektive in Bezug auf bestimmte Verhaltensweisen (das Rauchen, das Tragen bestimmter Kleidungsstücke) oder Zustände (z.B. Schlankheit, Jugendlichkeit, Coolness), die einem bestimmten sozialen Umfeld (etwa einer Jugendgruppe) Einfluss auf den Integrationsgrad eines Individuums hat.

[30] Der nachgewiesene Erfolg der Aidskampagne in der Schweiz beruht wohl zu einem grossen Teil darauf, dass einem hohen Risikobewusstsein in der Bevölkerung klar definierte Handlungsanweisungen (Verwendung eines Präservativs, Unterlassen von Spritzentausch) an die Seite gestellt werden kann.

[31] Das Internet bietet da mit seiner technischen Struktur mehr Kommunikationsmöglichkeiten; die Frage ist nur, ob und wie diese wahrgenommen werden.

[32] Ob das Theaterstück informativ, interessant oder langweilig ist, bestimmt eben nicht das Stück, sondern die ZuschauerInnen.

[33] Zum Begriff der sozialen Adresse vgl. Fuchs, 1998: 231

[34] 1998: 40

[35] 1997: 5

[36] 1993: 103

[37] Eine Meta-Analyse entspricht der wissenschaftlichen Analyse mehrerer empirischer Studien, was u.a. einen Vergleich der unterschiedlichen Resultate ermöglichen soll.

[38] Vgl. dazu Sloboda, 1997: 39

[39] In der praktischen Arbeit zeigt sich dann immer wieder, dass die Sanktionsmöglichkeiten nur sehr zurückhaltend eingesetzt werden können. An dieser Stelle gälte es, den (positiven oder negativen) Einfluss von kommunikationsverstärkenden Mitteln wie Zwang, Macht oder Motivation auf den Erfolg von Präventionsprojekten zu überlegen und diese der Freiwilligkeit gegenüber zu stellen, die auf den ersten Blick für partizipative Projekte unabdingbar erscheint.

[40] „Setting-orientiert“ bezieht sich natürlich nicht nur auf Organisationen, sondern auf alle sozialen Systeme, welche die Lebenswelt von Individuen ausmachen. Wir wollen uns hier auf Organisationen beschränken und Familien, Peer-Groups, Gemeinwesen etc. ausklammern.

[41] http://www.feelyourpower.ch/

[42] Vgl. dazu Hafen, 1999